Das Staatstheater in Mainz – Umbau und Sanierung Saal, Foyer und Restaurant
Das Theater in Mainz wurde von dem Architekten Georg Moller Anfang des 19. Jahrhunderts gebaut. Seine architektonische Haltung entsprach den Idealbildern dieser Zeit. Die Aufgabenstellung war, diesen vorgefundenen und im Laufe der Zeit mehrfach umgebauten Raum einerseits zu bewahren, andererseits weiterzuentwickeln so, dass er den Bedingungen und Bedürfnissen eines modernen Theaters für Schauspiel, Oper und Konzert Stand hält.
Wesentlicher Mangel des Theatersaals war seine Akustik. Der kreisrunde Zuschauerraum erzeugte Fehlstellen und Massierungen in der Schallverteilung. Sein unzureichendes Volumen führte vor allem aber zu einer kurzen Nachhallzeit. So entstand der Gedanke, den bestehenden baulichen Abschluss des Zylinders nach oben zu verschieben. Das Volumen wird dadurch deutlich vergrößert. Der Zylinder wird in der äußeren Hülle sichtbar.
Etwa 1910 hat das Theater von Moller eine für den Stadtraum entscheidende Veränderung erfahren. Der Architekt Adolf Gelius hat eine über mehrere Geschosse reichendes Foyer und Fluchttreppenhäuser davor gesetzt. Diese historisierend ausgeführte Ergänzung gibt dem Theater sein heutiges Bild. Die von uns vorgeschlagene, zylindrische Figur, welche nun über die alte Dachlandschaft hinausragt, interpretiert und kräftigt das Mollersche Bild des Zylinders im Stadtraum. Sanierung und Umbau zeigen sich somit ebenso selbstbewusst wie die Maßnahmen der Jahre zuvor.
Der Theatersaal
Die kreisrund geformte Mollersche Begrenzungswand des Theatersaals musste im wesentlichen neu errichtet werden. Der Zahn der Zeit sowie diverse Umbauten im Laufe der letzten 200 Jahre hatten sie untauglich für weitere Umbauten gemacht. Durch die doppelschalige Ausführung wird der Besucher vom Foyer in einem spannenden Weg durch die Wand hindurch in den Saal geführt.
Entgegen der Mollerschen Lösung werden nun zwei Ränge terrassenförmig, wie Plattformen in die zylindrische Wand eingesteckt. Sie folgen nicht mehr der Kreisgeometrie. Sie können daher den Blick des Zuschauers auf die Bühne optimieren. Das Material- und Lichtkonzept unterstützt die vorgenannten Absichten: Die Umfassungswände des Saals, der Bodenbelag und die Bestuhlung sind dunkel gehalten. Im bespielten Zustand entsteht damit eine Konzentration auf das Bühnengeschehen. Die Ränge, werden in ihrer Untersicht gleichmäßig hinterleuchtet. Ein warmer Lichtton erzeugt so signifikant und selbstverständlich die Pausenbeleuchtung. Die ohnehin schon schwebenden Ränge werden so zusätzlich entmaterialisiert. Die Zugänge zum Saal selbst tragen Farbe. Sie symbolisieren das Leben und die Vielfalt, die von draußen hereinkommt und Stück um Stück zur Ruhe kommt. Der Zuschauer erlebt dies, wenn er in den Raum hereinkommt oder wenn der den Raum verlässt. Der Blick während der Vorführung auf die Bühne bleibt ruhig und ohne Ablenkung.
Das Foyer
Das Foyer in vier Ebenen entspricht nahezu ohne Veränderungen in Geometrie und Atmosphäre den Plänen des Architekten Gelius aus dem Jahr 1910. Lediglich die Moller-Wand, d. h. die äußere Begrenzungswand des Theatersaals erfährt eine neue Interpretation: Großformatige Glasscheiben werden schuppenförmig an der Wand befestigt und farbig hinterleuchtet. Die Lichtfarben sind regelbar – grün, blau, rot oder in ihrer physikalischen Überlagerung einfach nur weiß. So können unterschiedliche Stimmungen im Foyer erzeugt werden.
Das Restaurant
Über dem Theatersaal liegend erhält das Restaurant seine Qualität allein schon durch die besondere Lage. Die großformatige, filigran detaillierte Verglasung unterstützt diese Absicht. Ein ausgeklügeltes Klimakonzept mit bedruckten Glasscheiben und gekühlten Betonoberflächen lässt diesen Raum ohne mechanischen Sonnenschutz auskommen und gibt damit zu allen Tageszeiten den Blick über Mainz frei.
Eine Malerwerkstatt, in welcher die Kulissen des Theaters bearbeitet werden, befindet sich ebenfalls auf der Caféebene im hinteren Bereich. Er ist vom Restaurant aus einsehbar. Die Gäste erleben, wie Theater im Hintergrund gemacht wird. Die flexible Trennwand ermöglicht für große Veranstaltungen einen zusammenhängenden Raum.
Allplan Handelsvertretung, Stuttgart, Germany; © Projekt: Umbau des Staatstheater in Mainz – ktp architekten, ostfildern
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